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                   Das Märchen von der verwunschenen Kühlkombi

Kennen Sie diese Momente von urplötzlicher Besorgnis, dass im eigenen Oberstübchen womöglich nicht mehr alles so funktioniert, wie es eigentlich sollte? Wenn man sich morgens an einen Traum erinnert und sich fragt, in was für einen hanebüchenen Blödsinn das schlafende Ich einen da hineinfantasiert hat? Wenn einem bei einer Feier ein Unbekannter vorgestellt wird und man den Namen bereits eine Minute später wieder vergessen hat? Wenn einem ein neues Gerät ganz sorgfältig und detailliert erklärt wird, aber man völlig unfähig ist, es zu bedienen, sobald man alleine ist?

Falls Sie derartige Erfahrungen schon einmal gemacht haben sollten, dann kann ich Ihre Befürchtungen jetzt zerstreuen: das war alles ganz, ganz harmlos und weist keinesfalls auf einen bedenklichen Rückgang Ihrer geistigen Fähigkeiten hin. Wenn Sie mir dies nicht glauben wollen, dann lauschen Sie nun bitte meiner Geschichte, denn da erfahren Sie, wann man wirklich an das unzweifelhafte Zerbröckeln des eigenen Verstandes und eine baldige Einweisung in die Klapse glauben darf!

Die unerhörten Geschehnisse, von denen ich berichten werde, ereigneten sich an einem fürchterlich heißen Julitag, an dem die ganze Welt aus dem Hecheln und Schwitzen nicht heraus kam und jedermann stöhnend vor sich hin tropfte. Mir erging es nicht anders, und als ich mittags in total durchnässter Kleidung nach Hause kam, führte mein erster Gang in die Küche zu meiner Kühlkombi. Nachdem ich aus dem Kühlschrank einen Krug mit dort vorsorglich deponierter Limonade herausgenommen und noch eine Handvoll Eiswürfel aus dem Tiefkühler in das Trinkgefäß hinein geworfen hatte, schlürfte ich ein paar kräftige Züge des herrlich erfrischenden Getränks hinunter und fühlte mich sogleich viel, viel wohler. Dankbar strich ich über die Oberfläche der beiden Geräte und murmelte dann so etwas wie „Danke, ihr habt mich gerettet!“.

Und dann geschah das Unfassbare, was den Glauben an meine geistige Gesundheit so arg ins Wanken brachte. Zuerst hörte ich eine kräftige männliche Stimme sagen: „Hab‘ ich Euch wirklich gerettet, Meister?“. Und gleich danach ergänzte eine zarte weibliche Stimme: „Oh Meister, wie schön ist es doch, mit Euch reden zu können!“

Was hätten Sie in diesem Augenblick getan? Ich jedenfalls blickte mich zuerst einmal um, ob ich vielleicht das Küchenradio heute früh nicht ausgeschaltet hatte – aber nein, es stand dunkel und stumm da und gab definitiv keinen Laut von sich. Der Fernseher im Nebenzimmer konnte es auch nicht sein, denn der war seit einer Woche kaputt. Also drangen da wohl die Worte eines Gesprächs von draußen durch das geöffnete Fenster – doch als ich dies überprüfte und hinausschaute, konnte ich nirgendwo eine Menschenseele entdecken.

Als ich so mit dem Überprüfen und Hinausschauen beschäftigt war, erklang die Frauenstimme erneut und flüsterte: „Danke, oh danke, Meister, vielen, vielen Dank!“. Da spürte ich auf einmal den kalten Hauch von Panik, wie er langsam und gespenstisch kribbelnd meinen Rücken hinaufkroch, und ich konnte mich nicht länger beherrschen. Ich stellte den Krug mit einem lauten Rums auf dem Küchentisch ab, rannte nach draußen in meinen Garten und lehnte mich schwer atmend an die Hauswand, um meine Fassung wiederzugewinnen. In meinem Gehirn wirbelten die Gedanken durcheinander, und ich versuchte verzweifelt, eine Erklärung für diese rätselhaften Stimmen zu finden. Das Problem war, dass mir keine einfiel – mal abgesehen von der Möglichkeit, dass ich mir bei der unerträglichen Hitze dieses Tages einen Sonnenstich eingefangen hatte und augenblicklich nicht völlig zurechnungsfähig war.

Aber noch wollte ich an diese naheliegende Ursache nicht glauben, und überhaupt: wie konnte ich als erwachsener Mensch nur so kopflos aus dem Haus rennen und mich derart unkontrolliert von blinder Hysterie überwältigen lassen? Das ging ja nun gar nicht! Egal, was im Haus soeben passiert war: ich musste der Sache jetzt kühl und nüchtern auf den Grund gehen und dabei keinesfalls ein zweites Mal in Angst und Entsetzen versinken!

Derart innerlich vorbereitet und gestählt ging ich zurück in die Küche und beschloss, den Stier jetzt sogleich bei den Hörnern zu packen, ganz egal, wie albern dies aussehen mochte. Also stellte ich mich entschlossen vor das Kombigerät aus Kühlschrank und Tiefkühler, aus denen die Stimmen scheinbar herausgekommen waren, und fragte fest entschlossen: „Wer seid ihr? Und vor allem: wo seid ihr?“

Es kostete mich dann doch eine ganze Menge Überwindung, nicht flugs wieder die Beine in die Hand zu nehmen, als meine Frage zuerst von der männlichen Stimme beantwortet wurde: „Ich bin dein Kühlschrank! Hier, hier oben, wo du gerade hinblickst!“. Gleich darauf folgte die weibliche Stimme: „Und ich bin dein Tiefkühler! Hier unten, wo dein Knie gerade gegendrückt!“

Verstehen Sie jetzt meine einleitenden Worte? Was hätten Sie in dieser Situation gemacht, wenn Ihr Kühlschrank und Ihr Tiefkühler auf einmal zu reden beginnen? Tja – ich zumindest beschloss, gute Miene zum bösen Spiel zu machen und erst einmal so zu tun, als ob dies völlig normal und überhaupt nicht außergewöhnlich war. Eine kritische Selbsteinschätzung finden und mich vom Psychiater untersuchen lassen, das konnte ich später immer noch tun. Jetzt stand das Faktensammeln im Vordergrund!

Nun gut – ich hatte also zwei sprechende Küchengeräte, und da stellte sich dann ja wohl zuallererst die Frage, wie und warum sie eigentlich in mein Haus gekommen waren. Von nun an widmete ich mich unbeirrt und konzentriert den Erklärungen, die ich von diesen mir bisher unbekannten Mitbewohnern erhielt, wobei ich mich um ein äußerst freundliches und ungezwungenes Verhalten ihnen gegenüber bemühte, denn ich wollte meine beiden Gesprächspartner ja keinesfalls verschrecken. Tatsächlich erwiesen sich der Kühlschrank und der Tiefkühler dann auch als äußerst willig, mir alles zu erzählen, was sie wussten. So erfuhr ich nach und nach ihre ganze erstaunliche Geschichte – und die verlief so:

 

    Es war einmal ein Königreich, das nannte sich Heideland und grenzte im Norden an Frostland und im Süden an Wüstenland. Der König von Heideland hatte eine wunderschöne Tochter, und er wollte sie für die Zukunft gut versorgt sehen und zudem auch gern noch den Enkel kennenlernen, der das Königreich eines fernen Tages regieren würde. Also schickte er Boten in die ganze Welt, die verkündeten, dass jeglicher Bewerber edlen Geblüts um die Hand seiner Tochter buhlen dürfe, und dass die Prinzessin dann die Entscheidung träfe, wen sie zum Gemahl nehmen wolle. Zuerst hatte der König ja vorgehabt, ritterliche Kämpfe ausführen zu lassen, deren Gewinner zu seinem Schwiegersohn erkoren worden wäre. Aber seine Tochter hatte ihn überzeugt, die Wahl des Gemahls allein ihr zu überlassen, und da er den Eigensinn und die Sturköpfigkeit seines Kindes kannte , fügte er sich schließlich ihrem Willen.

    Und so kamen Bewerber aus allen Ländern an den Königshof von Heideland, denn die umwerfende Schönheit der Prinzessin war weithin berühmt, und manch ein Prinz wär auch gern zum Herrscher des wohlhabenden Königreiches geworden. Aber niemand von ihnen fand die Gunst der holden Jungfrau, und so blieb schließlich nur noch der Prinz aus dem nahe gelegenen Wüstenland am Hof von Heideland zurück und hoffte, dass sie schließlich ihn erwählen würde, weil sie sich für niemanden sonst entscheiden könne. Zwar war dieser Prinz ein recht unangenehmer Zeitgenosse und mit seinem pickligen Gesicht und dem stets herabhängenden Mund auch ein ziemlich abstoßend aussehender Mann, der kaum auf die Zuneigung der selbstbewussten, bildschönen Thronerbin hoffen konnte. Aber seine Mutter, die Königin von Wüstenland, war in ihrer Jugend eine überaus begabte Hexe gewesen und so auch zu ihrer hohen Stellung gekommen, und daher hoffte er auf ihre Zaubertränke und Zaubersprüche, um ihm die Dame seines Herzens willfährig zu machen.

    Es ergab sich nun, dass der Königssohn des nördlichen Nachbarlandes zu jener Zeit in sein Schloss zurückkehrte, nachdem er einige Jahre lang ferne Länder und ferne Völker erkundet hatte. Als der Prinz von Frostland von der makellosen Schönheit der heideländischen Prinzessin und ihrer Suche nach einem geeigneten Gemahl erfuhr, schwang er sich sogleich auf sein Pferd und ritt hinüber zum Hof von Heideland, um die sagenumwobene Prinzessin in Augenschein zu nehmen. Sobald sich die beiden jungen Menschen dann im Thronsaal begegneten, schien es ihnen, als würden ihre Herzen von himmlischen Blitzen durchzuckt, und beide wussten sofort, dass sie füreinander bestimmt waren.

    Alles kam dann, wie es kommen sollte: die Hochzeit der beiden wurde anberaumt, und die Völker von Heideland und Frostland feierten begeistert die wundervolle Fügung, dass die Kinder ihrer Herrscher ein solch perfektes und glückliches Paar abgaben. Nur einer konnte die allgemeine Heiterkeit und Freude nicht teilen: der Prinz von Wüstenland, denn er wusste, dass all seine Träume zerplatzen würden, wenn die Lage sich nicht sehr bald radikal änderte. Da das Schicksal zu solch einer dramatischen Wendung von sich aus nicht bereit schien, musste man ihm wohl dabei helfen, und deshalb wandte sich der Prinz an seine Mutter und flehte sie an, nun ganz geschwind all ihre Hexenkräfte für das Glück ihres einzigen Sohnes einzusetzen.

    Derart von ihrem geliebten Sprößling bedrängt, hatte die alte Hexe keine Wahl, und sie machte sich auf nach Heideland, um die bevorstehende Hochzeit zu verhindern. Sie kam dort gerade noch rechtzeitig an, denn der Hochzeitszug machte sich soeben auf den Weg zum großen Festplatz unterhalb des Schlossberges, um dort die feierliche Zeremonie zu vollziehen. An der Spitze schritt das junge Paar, ihrer beider Gesichter erfüllt von unsäglichen Wonnegefühlen, und gleich dahinter tanzte und jubelte ihr bunt gekleidetes Gefolge. Der Zug kam nur sehr langsam voran, denn die Straßen waren erfüllt von Unmengen von fröhlichen Menschen, die allesamt das junge Paar beäugen und ihm alles Glück der Welt wünschen wollten.

    Die Königin von Wüstenland hatte also genügend Zeit, sich vor Ankunft des Hochzeitszuges direkt am Festplatz unter die rufende und singende Menschenschar zu mischen. Mit gesenktem Kopf verharrte sie einen Moment in der ersten Reihe, um sich noch einmal ganz genau an den Zauber zu erinnern, den sie gleich bewirken wollte, denn es war schon sehr lange her, dass sie zum letzten Mal ihre Hexenkünste eingesetzt hatte. Als der Prinz von Frostland und die Prinzessin von Heideland dann in ihre Nähe kamen, da wusste sie, was zu tun war: sie konzentrierte all ihre Gedanken auf den Prinzen, murmelte drei lateinische Hexenworte und sprach dann den Fluch aus, dass das Opfer ihrer Hexerei aus ihrer Welt herausgeschleudert und in einer ganz anderen Welt zum unbeweglichen und stummen Diener eines fremden Herren werden solle. Gerade rechtzeitig fiel der Hexe dann noch ein, dass kein Fluch wirksam würde, der nicht gleichzeitig auch ein formales Schlupfloch in sich enthielte, und deshalb ergänzte sie noch flink, dass ihr Opfer nur dann die Sprache wiedererlangen könne, wenn es seinen Herrn aus höchster Pein errette, und dass es sich nur dadurch von der Verwünschung befreien könne, indem es hundert Schlangen in sich hineinstopfe und gleich danach den Kuss eines schwarzen Mannes erhielte. Warum sie gerade diese Klauseln in ihren Fluch packte, wusste die Hexe selbst nicht genau, aber sie schienen derart unerfüllbar, dass der Widersacher ihres Sohnes bestimmt bis in alle Ewigkeit verschwunden sein würde.

    Es wurde bereits erwähnt, dass die Königin von Wüstenland nicht mehr die Allerjüngste war und sich mit den Feinheiten der Hexerei schon seit Jahrzehnten nicht mehr auseinandergesetzt hatte. Daher ging ihr Fluch – sogar im wörtlichen Sinn – ganz fürchterlich daneben, denn er traf nicht nur den Prinzen, wie es gewollt war, sondern gleichzeitig auch die neben ihm schreitende Prinzessin. Und so gab es dann plötzlich einen dumpfen Knall, eine aufstiebende Wolke von Staub, einen Sekundenbruchteil von alles durchdringender Dunkelheit – und dann hatte sich das eben noch so glückliche Paar vollständig in Luft aufgelöst. Die hinter ihnen laufenden Bediensteten stolperten unsicher herum, weil ihre Herrschaften auf einmal verschwunden waren, und ringsherum erklang das laute Stöhnen und Wehklagen der Umstehenden, denen ihre geliebten Königskinder auf unerklärliche Weise geraubt worden waren. Diese Klänge des Leids und des Verlustes verstummten auch in all den folgenden Jahren nicht, weder bei den Königen von Heideland und Frostland noch bei ihren Untertanen, denn trotz allen Suchens fand man keine Spur von den Königskindern, und die Aussicht auf eine glückliche Zukunft der beiden Königreiche schien unwiederbringlich verloren.

    Allerdings sei an dieser Stelle festgestellt, dass die Verursacher des fürchterlichen Leidens auch selbst von den Folgen des Fluches getroffen wurden. Als der Prinz von Wüstenland vernahm, dass die begehrte Prinzessin auf immer und ewig verschwunden sei, schloss er sich in seine Kemenate ein und ward fortan von keiner Seele mehr gesehen. Seine Mutter wollte die unermessliche Verzweiflung ihres Sohnes nicht wahrhaben und ihn statt dessen in einen frohmütigen Menschen zurückhexen, aber auch dieser Zauberspruch ging völlig daneben, prallte ins Gegenteil verkehrt auf sie selbst zurück, und verwandelte sie in eine hässliche Ratte, die in einer kleinen Höhle tief unter der Erde nur noch hilflos, trostlos und hoffnungslos herumkrauchen konnte und das Tageslicht niemals wiedersah.

Soweit also die Geschichte, die mir meine Kühlkombi erzählte. Dabei sollte ich nicht verschweigen, dass die Erzählung der Prinzessin – also meines Tiefkühlers – von ständigem Schluchzen unterbrochen wurde. Wie es dazu kam, dass sie hier in meiner Küche endeten, wussten sie beide nicht. Dies konnte vermutlich auch nur ein Spezialist verstehen, der sich mit Flüchen und der Verwobenheit unserer Parallelwelten bestens auskennt. Vielleicht war beim Aussprechen des Fluches ja gerade kein Baum oder kein Stein frei gewesen, in den sie verwandelt werden konnten, oder vielleicht gab es gerade keine anderen freien Gegenstände, die gleichzeitig auch einen „Herren“ besaßen. Wie dem auch sei – es ergab sich halt so, dass sie im einen Moment noch als glückliches Paar zwischen ihren jubelnden Untertanen umherschritten, um dann einen kleinen Tick später als unbewegliches, stummes, metallisches Etwas in meinem Haus herumzustehen. Sie hatten schon ein hartes Schicksal, diese beiden Königskinder, und ich empfand eine Menge Mitleid mit ihnen.

Doch immerhin hatte ich ihnen ja bereits geholfen, als ich mich für das kühle Getränk bedankt und ihnen damit das Sprechen ermöglicht hatte. Als mir dies klar wurde, kam ich ins Grübeln, denn wenn meine lässig dahingeworfenen Dankesworte bereits bedeuteten, dass meine Kühlgeräte ihre Sprache wiederfanden weil sie „ihren Herrn aus höchster Pein errettet“ hatten – gab es dann nicht vielleicht auch eine Möglichkeit, die anderen Klauseln der Fluchbefreiungsbedingungen zu erfüllen, um das junge Paar ganz und gar zu retten und in ihre ehemalige, glückliche Welt zurückzuversetzen?

Ich untersuchte noch einmal den genauen Wortlaut des Fluches: um zurückverwandelt zu werden, mussten beide „hundert Schlangen in sich hineinstopfen und gleich danach den Kuss eines schwarzen Mannes erhalten“. Wenig später flammte eine wahnwitzige Idee in mir auf – aber wer weiß, vielleicht konnte nur Wahnwitz einen Ausweg offenbaren? Bedauerlicherweise hatte ich keine Ahnung, wie groß der Spielraum bei der Erfüllung eines Fluch-Schlupfloches war, ob fantasievolle Ausschmückungen zugelassen wurden und ob ein Fluch womöglich sogar so etwas wie Humor haben konnte. Aber egal – wenn ich meinen Plan nicht in die Tat umsetzte, würde ich die Antwort nie herausfinden.

Also stand ich auf, klopfte sanft an die Türen von Kühlschrank und Tiefkühler und beruhigte sie, dass ich gleich wieder zurückkommen würde. Dann eilte ich aus dem Haus, lief die paar Schritte zum nächsten Supermarkt und tätigte dort ein paar Einkäufe, wobei mir die Hitze des Tages auf einmal gar nichts mehr auszumachen schien. Auch auf dem Rückweg beeilte ich mich außerordentlich, um meine beiden Sorgenkinder nicht unnötig lange warten zu lassen.

Wieder zu Hause angekommen, strahlte ich meine Kühlkombi an, fühlte mich beflissen, einmal laut „Hokuspokus!“ zu sagen, und packte die Süßwaren aus, die ich im Supermarkt besorgt hatte. Dann legte ich je ein Riesenpaket mit Gummischlangen in den Tiefkühler und in den Kühlschrank, und ließ dem gleich darauf je einen dicken, großen Negerkuss folgen. Dabei war mir durchaus bewusst, dass ich damit politisch nicht korrekt war, weil man heute nicht mehr „Negerkuss“ oder auch „Mohrenkopf“ sagen durfte, sondern statt dessen von „Schaumbällen in schwarzer Schokoladenhülle“ sprechen musste, aber ich hoffte, dass sich ein Fluch nicht um die sonderbaren Auswüchse politischer Empfindlichkeiten kümmern würde.

Meine sprachlichen Zweifel waren dann auch völlig unbegründet. Sobald ich den zweiten Negerkuss – oder Schaumball … – im Kühlschrank platziert hatte, gab es plötzlich einen hellen Knall, eine perlende Wolke von funkelndem Metallstaub, und einen kurzen Lichtblitz von gleißender Helligkeit. Und plötzlich war meine Kühlkombi komplett verschwunden und hinterließ eine etwas verstaubte Küchenwand und eine frei gewordene Doppelsteckdose (aha, dachte ich unwillkürlich, Stromkabel und -stecker haben also auch zur verwandelten Gestalt gehört).

Vielleicht glauben Sie ja, mich hätte jetzt ein sorgenvolles Bedauern packen sollen, weil ich mir eine neue Kühlkombi kaufen musste. Aber nein, durchaus nicht – ganz im Gegenteil war ich von einer tiefen inneren Wärme erfüllt und überglücklich, dass ich den beiden Königskindern tatsächlich hatte helfen können, denn die beiden waren mir in der kurzen Zeit doch sehr ans Herz gewachsen. Gleichzeitig war ich mir aus unerfindlichen Gründen auch absolut sicher, dass der Prinz und die Prinzessin nun glücklich und zufrieden bis an ihr Lebensende weiterleben würden …

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